Die Euro­päi­sche Uni­on plant, im Rah­men ihrer Dekar­bo­ni­sie­rungs­zie­le und der Initia­ti­ve zur För­de­rung einer Kreis­lauf­wirt­schaft, umfas­sen­de Regu­lie­run­gen für die Tex­til­in­dus­trie einzuführen.

Eine der gra­vie­rends­ten Maß­nah­men könn­te ein Ver­bot von Baum­wol­le ab 2030 sein, da die­se nicht die künf­ti­gen Anfor­de­run­gen an die Recy­cling­fä­hig­keit erfüllt. Baum­wol­le ist ein zen­tra­les Mate­ri­al in der Tex­til­bran­che, das auf­grund sei­ner kos­ten­güns­ti­gen Her­stel­lung, ein­fa­chen Ver­ar­bei­tung und pfle­ge­leich­ten Eigen­schaf­ten weit­ver­brei­tet ist. Ihre Beliebt­heit bei Ver­brau­chern resul­tiert zudem aus ihrer Hautfreundlichkeit.

Die Her­aus­for­de­run­gen für die Baum­wol­le erge­ben sich aus den Ziel­vor­ga­ben des Green Deals der EU, die den Baum­wollan­bau zuneh­mend als umwelt­schäd­lich klas­si­fi­zie­ren. Ins­be­son­de­re die klei­nen und schwa­chen Fasern der Baum­wol­le machen es schwie­rig, sie voll­stän­dig in den Kreis­lauf zurück­zu­füh­ren. Zwei ent­schei­den­de Richt­li­ni­en – die Cor­po­ra­te Sus­taina­bi­li­ty Due Dili­gence Direc­ti­ve (CSDDD) und die Cor­po­ra­te Sus­taina­bi­li­ty Report­ing Direc­ti­ve (CSRD) – zie­len dar­auf ab, Unter­neh­men zu umwelt­freund­li­chem Han­deln zu zwin­gen. Bis 2050 soll die gesam­te Mate­ri­al­pro­duk­ti­on in der EU auf Kreis­lauf­wirt­schaft umge­stellt wer­den, mit Vor­ga­ben von 50 % recy­cel­ba­ren Mate­ria­li­en und 25 % voll­stän­dig wie­der­ver­wert­ba­ren Materialien.

Aller­dings gibt es erheb­li­che Zwei­fel an der Umsetz­bar­keit die­ser EU-Vor­ga­ben. Vie­le Zie­le sind vage for­mu­liert, und es fehlt an kla­ren Umset­zungs­stra­te­gien. Die tech­ni­schen Her­aus­for­de­run­gen bei der Auf­be­rei­tung von Mate­ria­li­en sowie die Nut­zung alter­na­ti­ver Pro­duk­ti­ons­me­tho­den kön­nen mit hohen Kos­ten für die Her­stel­ler ver­bun­den sein. Dies könn­te die Wett­be­werbs­fä­hig­keit euro­päi­scher Unter­neh­men auf dem glo­ba­len Markt gefährden.

Der mög­li­che Ver­lust von Baum­wol­le als Mate­ri­al könn­te die Tex­til­bran­che vor enor­men Her­aus­for­de­run­gen stel­len. Die Not­wen­dig­keit, auf teu­re­re nach­hal­ti­ge Alter­na­ti­ven wie Lyo­cell, Hanf oder Sei­de umzu­stei­gen, wür­de die Pro­duk­ti­ons­kos­ten erheb­lich erhö­hen und folg­lich auch die Ver­brau­cher­prei­se in die Höhe treiben.

Des Wei­te­ren wird argu­men­tiert, dass der Was­ser­ver­brauch und die Che­mi­ka­li­en­nut­zung bei alter­na­ti­ven Mate­ria­li­en kei­nes­wegs gerin­ger sind als bei Baum­wol­le. Etwa Hanf könn­te in bestimm­ten Anbau­re­gio­nen mehr Was­ser benö­ti­gen, wäh­rend die Her­stel­lung von Lyo­cell zwar was­ser­arm, jedoch che­mi­ka­li­en­in­ten­siv ist. Die­se Aspek­te rela­ti­vie­ren die behaup­te­ten öko­lo­gi­schen Vor­tei­le die­ser Mate­ria­li­en gegen­über Baumwolle.

Ein wei­te­res Pro­blem beim mög­li­chen Baum­woll­ver­bot sind der büro­kra­ti­sche Mehr­auf­wand und die Her­aus­for­de­run­gen bei der Über­wa­chung und Kon­trol­le, ins­be­son­de­re bei der kom­ple­xen glo­ba­len Tex­til­in­dus­trie. Die län­der­über­grei­fen­den Lie­fer­ket­ten machen die Rück­ver­folg­bar­keit von Mate­ria­li­en zu einer gro­ßen Her­aus­for­de­rung. Unter­neh­men ste­hen vor umfang­rei­chen Doku­men­ta­ti­ons­pflich­ten, die ihre admi­nis­tra­ti­ve Belas­tung zusätz­lich erhöhen.

Zusätz­lich kämpft die bereits belas­te­te EU-Tex­til­bran­che mit einer Viel­zahl von Vor­schrif­ten und Ver­pflich­tun­gen, wie dem Tex­til­kenn­zeich­nungs­ge­setz und der erwei­ter­ten Her­stel­ler­ver­ant­wor­tung. Ein Ver­bot von Baum­wol­le wür­de zusätz­li­che regu­la­to­ri­sche Hür­den schaf­fen, die in der schwie­ri­gen wirt­schaft­li­chen Lage der Bran­che kaum zu bewäl­ti­gen wären.

Die Her­aus­for­de­run­gen durch die EU-Nach­hal­tig­keits­vor­ga­ben erstre­cken sich zudem auf ande­re Bran­chen, wie Eisen, Stahl, Che­mi­ka­li­en und Bau­we­sen, was auch dort zu erheb­li­chen Mehr­kos­ten und poten­zi­el­len Umsatz­ein­bu­ßen füh­ren könn­te. Auch der Bau­in­dus­trie ste­hen durch neue Stan­dards für kli­ma- und umwelt­freund­li­che Mate­ria­li­en immense Schwie­rig­kei­ten bevor.

Zusam­men­ge­fasst zei­gen die geplan­ten EU-Regu­lie­run­gen auf, dass die ange­streb­te Kreis­lauf­wirt­schaft und Dekar­bo­ni­sie­rung sowohl Chan­cen als auch erheb­li­che Risi­ken für die EU-Wirt­schaft und vor­nehm­lich die Tex­til­in­dus­trie mit sich brin­gen, die nicht nur vor logis­ti­schen und finan­zi­el­len Her­aus­for­de­run­gen ste­hen, son­dern auch ihre Wett­be­werbs­fä­hig­keit gefähr­den könnten.

Quell­ver­weis: Tichys Ein­blick, Arti­kel über EU-Regu­lie­run­gen in der Textilbranche.

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