Die Sicher­heit in soge­nann­ten „Angst­räu­men“ ist in deut­schen Städ­ten ein alt­be­kann­tes Pro­blem. Seit Jah­ren wird dar­über dis­ku­tiert, wie urba­ne Angst­räu­me durch bes­se­re Beleuch­tung und prä­ven­ti­ve Maß­nah­men ent­schärft wer­den kön­nen. Die jüngs­te Initia­ti­ve von SPD und Bünd­nis 90/​Die Grü­nen in Neuss, Bür­ger­meis­ter Rei­ner Breu­er auf­zu­for­dern, eine Über­prü­fung und Ver­bes­se­rung der Beleuch­tung in die­sen Berei­chen ein­zu­lei­ten, scheint auf den ers­ten Blick lobenswert.

Doch ein genaue­rer Blick zeigt, dass hier weni­ger ech­tes Enga­ge­ment als viel­mehr tak­ti­scher Aktio­nis­mus vor einer Bun­des­tags­wahl am Werk ist. Angst­räu­me in Städ­ten sind kein plötz­lich auf­ge­tre­te­nes Phä­no­men. Stu­di­en und Bür­ger­um­fra­gen haben bereits in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten immer wie­der auf die Bedeu­tung von guter Beleuch­tung für das sub­jek­ti­ve Sicher­heits­ge­fühl hingewiesen.

Es ist daher irri­tie­rend, dass Par­tei­en wie die SPD und Bünd­nis 90/​Die Grü­nen, die in Neuss seit Jah­ren poli­ti­sche Ver­ant­wor­tung tra­gen, erst jetzt aktiv wer­den. Die Fra­ge drängt sich auf: War­um wur­den nicht schon frü­her umfas­sen­de Kon­zep­te zur Ver­bes­se­rung der Sicher­heit in Angst­räu­men umgesetzt?

Sowohl SPD als auch Grü­ne hat­ten aus­rei­chend Gele­gen­heit, die­ses Pro­blem nach­hal­tig zu adres­sie­ren. Statt­des­sen schien das The­ma in der poli­ti­schen Prio­ri­tä­ten­set­zung immer wie­der nach hin­ten ver­scho­ben zu wer­den. Die Ver­bes­se­rung der Beleuch­tung in pro­ble­ma­ti­schen Berei­chen erfor­dert weder bahn­bre­chen­de Inno­va­tio­nen noch eine mas­si­ve Umstruk­tu­rie­rung von Ver­wal­tung und Haus­halt – es han­delt sich um grund­le­gen­de Maß­nah­men der Stadt­pla­nung, die längst hät­ten ange­gan­gen wer­den kön­nen. Dass die­se Pro­ble­ma­tik nun plötz­lich wie­der auf­ge­grif­fen wird, wirkt wie ein sym­bo­li­sches Signal an die Wäh­ler, nicht wie ein ech­tes Anliegen.

Der Zeit­punkt der Initia­ti­ve ist bemer­kens­wert. Mit Blick auf die anste­hen­de Bun­des­tags­wahl drängt sich der Ver­dacht auf, dass SPD und Grü­ne hier ver­su­chen, sich durch kurz­fris­ti­ge Maß­nah­men und sym­bo­li­sche Poli­tik in einem posi­ti­ven Licht zu prä­sen­tie­ren. Die vor­ge­schla­ge­ne Über­prü­fung und die Zusam­men­ar­beit mit ver­schie­de­nen Behör­den und Bür­gern klin­gen gut, blei­ben jedoch vage und unverbindlich.

Es braucht kei­ne sym­bo­li­schen Anträ­ge oder kurz­fris­ti­ge Aktio­nis­mus­maß­nah­men, son­dern eine lang­fris­ti­ge, stra­te­gi­sche Pla­nung. Dazu gehö­ren regel­mä­ßi­ge Sicher­heits­ana­ly­sen, ein klar defi­nier­ter Zeit­rah­men für Maß­nah­men und ein trans­pa­ren­tes Moni­to­ring der Fort­schrit­te. Ohne die­se Ele­men­te bleibt die Initia­ti­ve von SPD und Grü­nen ein Trop­fen auf den hei­ßen Stein – und hin­ter­lässt den Ein­druck, dass es ihnen weni­ger um die Sicher­heit der Bür­ger als um ihre eige­ne poli­ti­sche Pro­fi­lie­rung geht.

SPD und Grü­ne prä­sen­tie­ren sich mit ihrer Initia­ti­ve zur Ver­bes­se­rung der Beleuch­tung in Angst­räu­men als poli­ti­sche Hand­lungs­ak­teu­re. Doch bei genaue­rem Hin­se­hen ent­puppt sich ihr Vor­stoß als Wahl­kampf­ma­nö­ver, das die Ver­säum­nis­se der ver­gan­ge­nen Jah­re nicht kaschie­ren kann. Wenn Par­tei­en ernst­haft für die Sicher­heit ihrer Bür­ger ein­tre­ten wol­len, reicht sym­bo­li­scher Aktio­nis­mus nicht aus. Was es braucht, ist eine durch­dach­te und nach­hal­ti­ge Stadt­po­li­tik, die nicht erst im Wahl­kampf auf Pro­ble­me reagiert, son­dern die­se kon­ti­nu­ier­lich adres­siert – auch dann, wenn gera­de kei­ne Wah­len anstehen.

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